Im März 2007 fand in Rostock eine Soli-Demo für das Kopenhagener Ungdomshuset statt. An der Demonstration beteiligten sich ca. 130 Personen. Die Rote Hilfe Greifswald hielt dabei folgenden Redebeitrag:
März 2007: Polizeiterror in Kopenhagen
Über 700 Festnahmen wegen Protests gegen Räumung des Kopenhagener Jugendhauses.
Noch immer befinden sich Leute im Knast!
Das Haus in Kopenhagens Jagtvej-Straße 69 hatte eine lange linke Geschichte. 1897 wurde das Gebäude im Stadtteil Nörrebro erbaut als ein Zentrum der dänischen ArbeiterInnenbewegung. So hielt dort u.a. 1910 die 2. Internationale eine internationale sozialistische Frauenkonferenz ab, auf der der 8. März als internationaler Frauentag ausgerufen wurde.
Und, nicht viel anders als heute, begannen von dort schon damals zahlreiche Demonstrationen, so z.B. der Sturm von AnarchistInnen und Arbeitslosen auf die Kopenhagener Börse im Jahr 1918.
Nach dem 2. Weltkrieg zunächst noch von den Gewerkschaften genutzt stand das Haus ab 1963 fast 2 Jahrzehnte lang leer. Um den drohenden Verfall aufzuhalten, besetzten 1982 Jugendliche das Gebäude; sie errichteten hier ein alternatives Jugendzentrum, ihr Ungdomshuset (= Jugendzentrum). Mit der Stadt Kopenhagen wurde vertraglich vereinbart, daß die Jugendlichen das dauerhafte Nutzungsrecht für das Haus erhalten. Zugleich sicherte die Stadt zu, daß das Haus im kommunalen Besitz verbleibe und nicht an Dritte weiterverkauft werden darf.
Doch 1999 wollte die Stadt Kopenhagen nichts mehr von solchen Vereinbarungen wissen und schrieb das Haus schließlich zum Verkauf aus. Eine rechte christlich-fundamentalistische Sekte namens „Faderhuset“ kaufte im Jahr 2001 das Gebäude. Diese ultrakonservative Sekte mit Ruth Evenson als Führerin ereifert sich seit vielen Jahren gegen Abtreibung, Sex vor der Ehe, Homosexualität etc. und führt einen Kreuzzug gegen alles, was nicht in ihr beschränktes Weltbild paßt. Die linksalternativen Jugendlichen aus dem Ungdomshuset sind aus Sicht der Sektenführerin Evenson „wahnsinnige Teufel“. Das Jugendzentrum sei ein „Hort des Bösen“ und müsse dem Erdboden gleichgemacht werden, so ihre wirre Losung.
Obwohl die Jugendlichen für den Erhalt ihres selbstverwalteten Zentrums und gegen den drohenden Abriß gerichtlich durch alle Instanzen klagten, gewann letztlich Ende 2006 die ultrakonservative Sekte vor den dänischen Gerichten.
„Manchmal muss man kämpfen für das, was man liebt“
so lautete die Demo-Parole am 16. Dezember 2006, als tausende für den Erhalt ihres selbstverwalteten Zentrums auf die Straße gingen. Damals kam es schon zu ersten Auseinandersetzungen zwischen den Protestierenden und einer dänischen Polizei, die auf Eskalation setzte. Daß es in den kommenden Wochen zu einer brutalen Räumung durch die Polizei kommen würde, war offensichtlich, nur das wann und wie war noch nicht klar.
Am 1. März dann gegen 7 Uhr morgens kreisten zwei Helikopter der dänischen Polizei über dem Ungdomshuset. Vermummte Mitglieder einer dänischen Anti-Terroreinheit seilten sich aus den Hubschraubern ab, drangen in das Haus ein und nahmen alle Anwesenden fest. Gleichzeitig griffen mehrere Polizeihundertschaften im Stadtteil Nörrebro SympathisantInnen des Jugendhauses an, die mit Demos, Blockaden und brennenden Barrikaden die Räumung verhindern wollten. Auch andere alternative Zentren und Wohnprojekte wurden von der Polizei gestürmt und alle Anwesenden verhaftet. Seit der Räumung befindet sich Kopenhagen im polizeistaatlichen Ausnahmezustand. PolizistInnen aus ganz Dänemark und sogar aus dem Nachbarland Schweden erhielten auf Kopenhagens Straße den Befehl „Knüppel frei!“. Die Menschen wehrten sich mit ihren Körpern, mit Steinen, Molotov-Cocktails, brennenden Barrikaden und all ihrer Wut gegen diese Polizeiangriffe. Allein bei den Polizeiübergriffen im Kopenhagener Stadtteil Nörrebro wurden etliche DemonstrantInnen verletzt, davon Berichten zufolge mindestens 2 schwer, weil die Polizei mit Mannschaftswagen in die Menschenmenge raste.
Die Dänische Polizei hat in den letzten Tagen insgesamt über 700 Leute festgenommen, etliche wurden in Schnellverfahren mit sehr eingeschränkten Verteidigungsmöglichkeiten zu Haftstrafen von bis zu 4 Wochen verurteilt – eine Justiz-Farce.
Neben vielen dänischen GenossInnen wurden viele SympathisantInnen aus Deutschland und Schweden in Kopenhagen festgenommen. Die meisten der nicht-dänischen Gefangenen sind mittlerweile in ihr Herkunftsland abgeschoben worden, wo Verfahren wegen Landfriedensbruch gegen sie eingeleitet wurden.
Es sitzen aber immer noch GenossInnen in Untersuchungshaft oder verbüßen Haftstrafen in folge der Schnellverfahren.
Am 5. März 2007 wurde das Ungdomshuset schließlich unter Polizeischutz abgerissen. Einen Tag nach dem Abriß des Ungdomshuset wurde das Kopenhagener Büro der linken Solidaritätsorganisation Anarchist Black Cross (ABC), die sich seit dem Überfall auf das Ungdomshuset um die rechtliche Betreuung der Gefangenen kümmert, von der Polizei gestürmt und sämtliche Unterlagen beschlagnahmt. Alle sich darin befindlichen ABC-AktivistInnen wurden festgenommen. Auch wenn jetzt die Struktur des ABC Kopenhagen weitgehend lahmgelegt wurde, läuft die Soli-Arbeit für die Gefangenen von anderen ABC-Gruppen und der Roten Hilfe aus weiter!
Nicht nur hier in Rostock, sondern auch in vielen anderen deutschen Städten gab es bereits Soli-Aktionen fürs Ungdomshuset. Wie ihre dänischen KollegInnen die deutsche Polizei ist nicht gerade zimperlich mit den Spontan-Demos umgegangen, so daß es auch in Deutschland zu mehreren Festnahmen und Strafverfahren gegen AktivistInnen kam.
Wir fordern: